Florian Schneider "Lisette des Toilettes"

Eine Liedempfehlung von Barbara Preusler.

Bald steht er wieder auf den grossen Musical-Bühnen mit »Knie – das Circusmusical«. Doch die kleineren Bühnen mit dem direkten Kontakt zum Publikum sind für den Sänger und Schauspieler Florian Schneider weiterhin ein wichtiger Teil seines künstlerischen Schaffens. Seine Lieder gehen ans Herz. Sie erzählen Geschichten von damals und heute. So ist das neue Album »Schangsongs 3« bereits das Dritte seiner Serie. Er nennt seine Figuren schrullig, speziell und bodenständig. Bodenständig und herzlich sind auch die Menschen hier in der Region und sie mögen ihren „Flo“ und Florian mag sie und ihr Leben.

Florian Schneider pflegt die Oberbaselbieter Mundart. Musikalische Mitstreiter sind Roman Bislin am Keyboard und der bereits von Schangsongs 1 und 2 bekannte Adam Taubitz an der Violine. Der Baselbieter Dialekt kann sehr romantisch und mythisch daher kommen, oder aber auch sehr kräftig und direkt. Bei Florian hören sich noch die gröbsten Texte poetisch an. Und so ist ihm auch diese neue Scheibe sehr gelungen. Musikalisch finde ich Elemente aus der Folkmusik, dem Country, dem Irischen wieder – und trotzdem es bleibt heutige Baselbieter Volksmusik. Vor allem zwei Frauen-Lieder haben mich sehr beeindruckt. Ich konnte mich zwischen den zwei Liedern nur schwer entscheiden. Wunderschön der Titel »Schöchli Mache«, über das traurige Leben einer Arbeiterin, welche in vergangenen Zeiten Posamenten fertigte (Titel 13). Absolut eindrücklich ist aber Schneiders heutiges Lied über die bekiffte »Lisette des Toilettes« (Titel 2) in ihrem schäbigen Etablissement. Das Lied trifft hundertprozentig und weckt in mir präzise Bilder. Die Sprache zeichnet ungefiltert Lisettes harte Realität. Die Gitarre ist markant, aber nicht überzeichnet, weitere Instrumente unterstreichen die Geschichte der Madame Toilette, dezent und perfekt. Florian Schneider setzt seine Stimme bewusst und mit scheinbarer Leichtigkeit ein. So wunderbar dahingeworfen, kommt mir die Ballade von 6:06 nicht einmal lang vor. Die Ich-Form ist spannend bis zum Schluss, kann mir doch Lisette auch mal so richtig die Meinung sagen.

Lisette ist eine Frau die schon manches gesehen hat. Sie verteidigt ihre Ehre und ihren Platz in der Gesellschaft. Sie schwingt eine grosse Lippe, kifft, praktiziert Überlebenskunst. Müde und einsam ist sie am Schluss und so klingt das Lied über ein hartes Arbeitsleben langsam aus – und mir eindrücklich nach. Ein gelungenes Werk.

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