Kleine Lieder, grosse Wirkung – eine Rezension

Stefan Heimoz, CD «Us dr Gofere»

von Alva Liv

Orientierungsläufer war er einst. Heute ist er Lehrer. Und sieht keineswegs schwarz für die Jugend. Im Gegenteil. Stefan Heimoz blickt gelassen, ja liebevoll auf seine Schülerinnen und Schüler. Die seien auch nicht schlimmer, als er selber damals gewesen sei. Und dass klein Stefan einst besonders schlimm gewesen sein könnte, wollen wir ja eh nicht glauben; bei seinem sanften, freundlichen Wesen. So sind auch seine Lieder.

Sein Begleitinstrument nimmt er nicht «Us eme läre Gygechaschte» wie der tote Soldat bei Mani Matter, aber immerhin «Us dr Gofere». Die Gitarre. Seit nunmehr zwanzig Jahren. «Bärner Gring» hiess damals sein erstes Lied. Seinen Stil hatte Heimoz damit auf Anhieb gefunden. Knappe, klare Bilder, nicht immer fein gedrechselt aber stets solide gereimt, schlicht und charmant vorgetragen. Die Betonung der Wörter zuweilen in Melodie und Rhythmus eingepasst, sodass die natürlich gesprochene Betonung nicht immer ganz gewährleistet ist. Doch seine Bilder sind klar. Gesungene Cartoons zuweilen fast. So erklärt er in seinem Erstling bildhaft, wenn er seinen Bärner Gring nicht hätte, «würdet ihr euch bsägne / und mir würd’s y Hals yche rägne». Wer aus einer seinen Charakter typisierenden Metapher mit einem Wimpernschlag so lapidar ein komisches Bild zaubert, macht vieles richtig.

Dies macht der Chansonnier und Familienvater auch auf seinem neusten Album. Bei der Online-Version vom Lied «E Vikar & e Fakir» skizziert Heimoz mit dem schwarzen Stift denn auch gerade live cartoon-artige Kommentare zu den ausgedruckten Strophen aufs Papier. Und fügt zuletzt ein herrliches Schlussbild ein, das uns schmunzeln lässt.

Neue CDs bespiele er nicht mehr in so hoher Frequenz wie früher, erklärt  Heimoz im Interview mit TV Oberwallis. Damals hatte er eben noch keine Familie. Sein nächstes Album komme dann vielleicht, so etwa in sieben Jahren, auf seinen sechzigsten Geburtstag heraus. Ein regelmässiger Themensammler ist er aber geblieben. Er schreibe sich Beobachtungen und Gedanken auf, sonst seien sie bald wieder weg. Und so besingt der zuweilen fast schon etwas schüchtern wirkende Barde mit seinem unverwechselbaren Lächeln auf den Stockzähnen aktuell ein «Parkplatzproblem», den väterlichen Ärger rund um den «Teenie im Hus», den er aber nicht missen möchte oder auch die nationale Politik «Im Stadt Land Grabe», über den er kurzerhand eine Brücke schlägt.

Hin und wieder reichert Stefan Heimoz seinen knappen Stil und seine eigenen Lebenserfahrung als Vater auch mit einem Schuss Poesie an. So entstand vor ein paar Jahren das Lied über seinen Sohn «Chly aber gross», das auch der Titel des damaligen Albums war. Nun zaubert der Berndeutsche Barde das Bild seiner kleinen Tochter «Us dr Gofere», der frischgebackenen Primarschülerin, der er auf den ersten Metern ihres Schulwegs nachblickt, bis sie «zwüsche de Böim» verschwindet. Sie gehe jeden Tag voller Freude zur Schule, stellt er fest und schickt ihr besorgt die Hoffnung nach, das möge noch lange so bleiben. Und er konstatiert, sie könne ihre schulische Karriere seinetwegen auch gerne ohne «Dokterhuet und Anwaltstitel» abschliessen. Das Lied berührt. Es wirkt. Und es trägt in seiner Schlichtheit zu Themen wie Genügsamkeit, Glück, Liebe und Loslassen vielleicht mehr bei als manch kluger Prosatext. Im Wunsch schliesslich, seine Tochter möge sich in der Schule nicht zu oft vergleichen, schwingt gleichzeitig unüberhörbar eine leise Systemkritik des passionierten Lehrers mit.

Wer sich Stefan Heimoz’ Studio-Live-Aufnahme für Stimme und Gitarre anhört oder, noch besser, einen seiner Liveauftritte besucht, nimmt unweigerlich ein Lächeln mit zurück in den Alltag. Heimoz bietet das Gegenprogramm zu den im Netz grassierenden Hasskommentaren. Denn er spricht Themen selten ganz unkritisch an, gleichzeitig aber stets charmant und mit einer wohltuenden Leichtigkeit.

 

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